Ian W. war 19 Jahre alt als ihn eine Infektion der Tiefenwahrnehmungsrezeptoren befiel. Seine Muskulatur war noch voll funktionsfähig aber die Sensoren in den Gelenken und Muskeln konnten nicht mehr aktiviert werden wenn sich Ian im Raum bewegen wollte. Ohne diese Körpersensibilität verlor er nicht nur seine Fähigkeit sich zu bewegen sondern wurde dissoziiert mit seiner Ich Wahrnehmung. Er konnte nicht mehr stehen oder sitzen, musste im Bett liegen und fragte den Arzt immer wieder ob er wirklich Ian W. sei. Wenn die Krankenschwester für ihn das Fenster öffnete dann konnten die Temperaturrezeptoren in seiner Haut durch den kühlen Wind aktiviert werden und ihm endlich wieder ein Empfinden des eigenen Körpers liefern.
Sich selber wieder spüren zu können verlieh ihm den Willen sich mit Hilfe seiner beiden anderen Wahrnehmungszentren, dem Sehsystem und dem Gleichgewichtssystem in seinem Innenohr wieder zu bewegen. Es dauerte einige Monate bis er sich wieder setzen konnte und ein Jahr bis er sicher stehen konnte. Indem er sein Wissen über die Baumechanik seines Körpers anwendete, konnte er sich Aufrecht setzen. Bewußtheit entsteht aus der Beziehung sich Fragen zu stellen und daraus zu handeln. Wieso verliert er in einer Position das Gleichgewicht und wie kann er seine Position mit Hilfe seines visuellen Systems korrigieren. Er war fortwährend auf der Suche nach einer stabilen Beziehung seines knöchernen Skeletts zueinander. Sein Innenohr lieferte ihm Feedback darüber wie stabil er saß. Doch die eigentliche Herausforderung lag darin wieder gehen zu können und es würde ihn 30Jahre an Training kosten bis er eine bewußte Form der Fortbewegung für sich entwickeln konnte.
Ich lerne gerade in meinem Feldenkraistraining u.a. einen bewußteren Gang und bin sehr beendruckt über die Leistung von Ian W.
Wer sich für eine bewußte Art des Gehens interessiert, dem kann ich das Buch von Wim Luijpers: „Die Heilkraft des Gehens“ sehr empfehlen. (#Werbungnotsponsored)
Weitere spannenden Wahrnehmungsstudien findet ihr im Buch des Neurologen Oliver Sacks: „Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte. (#Werbungnotsponsored)